Zugegeben: Ich hatte mir das leichter vorgestellt. Jeder Woche fünf Texte, geliefert von Profis, die das Handwerk beherrschen. Was soll da schon sein. Ein bisschen redigieren, ein paar HTML-Befehle setzen, Bilder suchen, Werbung machen. Pillepalle. Heute weiß ich, was ich im letzten Sommer nur geahnt habe: Es schlaucht dann doch, zumal der Plan ja vorsah, dass jeden Samstag „Meyen am Tresen“ stehen soll. Ich hatte das zwar gut ein Jahr für die Wochenzeitung Demokratischer Widerstand gemacht, aber da ging es um 2200 Zeichen und damit um etwas, was ich am Montag zum Frühstück aus dem Ärmel schütteln kann. Auch die Manova-Kolumne Medienrealität war etwas anderes, weil da 14 Tage zwischen den Texten lagen und sonst nichts. Da fällt einem schon was ein, zumal es seinerzeit draußen hoch herging.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Diese Seite macht uns Spaß. Wenn der Winter nahe scheint und der Regen nicht aufhört, dann scrollen wir durch die Artikel und freuen uns, was da alles steht – nicht nur in den Kolumnen, sondern auch am Tresen, wo immer wieder Texte erscheinen, die es so woanders nicht gibt – geschrieben von Menschen, die in einem unserer Kurse waren und dort gesehen haben, dass sie das können. Brit Gdanietz, Schauspielerin, mit Kommentaren. Beate Strehlitz und Dieter Korbely, eingestiegen als Medienkritiker und inzwischen hin und wieder sogar als Reporter unterwegs. Apostolos Katsikaris, einst Vorzeige-Lehrer und jetzt mit offenen Augen bei Ulrike Guérot im Gerichtssaal. Und, und, und. Schon diese vier zu nennen, ist ein Frevel, weil sich die vielen anderen zurückgesetzt fühlen müssen, die unsere Seite zu dem machen, was sie ist. Unser Dank geht an alle, die im Kleinen zeigen, was dem Journalismus im Großen fehlt und dass es nur Energie, guten Willen und vielleicht auch ein wenig Talent braucht, um dem etwas entgegenzusetzen.
Der Neustart, das ist fast schon vergessen, war holprig. Die Technik. Rumen Milkow hatte seinen Text Happy Bulgaria pünktlich abgeliefert, aber wir kamen nicht aus den Puschen, jedenfalls nicht morgens um neun. Bis zum Nachmittag war das Problem dann wie durch ein Wunder gelöst. Jede der fünf Kolumnen ist seitdem 41mal erschienen, dazu knapp 50 Texte am Tresen. Gut 250 Stücke in einem knappen Jahr. Siehe oben.
Wir zählen keine Klicks. Wozu auch. Darum geht es nicht. Wir sehen ein wenig, wie die Leute auf LinkedIn reagieren und auf X, wobei diese Plattformen kein Interesse daran haben, ihr Publikum auf andere Seiten zu lassen. Wir bekommen Mails, ein paar Spenden (Bilanz dann wie versprochen zu Weihnachten) und hin und wieder auch einen echten Brief. Absoluter Renner ist dabei immer noch ein „alter“ Text, geschrieben von Frank Alexy im Januar 2024, der uns neben Post von dankbaren Lesern auch leichten Druck durch die Firma brachte, um die es da geht.
Also: alles gut? Ja und nein. Maßstab ist ja stets der eigene Anspruch. Bei uns: ein Journalismus, der rausgeht in die Wirklichkeit, sich dort überraschen lässt und das in Stücke übersetzt, die den Leser nicht nur anstecken und weiterbringen, sondern auch Spaß machen. Sehen und sagen. Wir sagen noch zu viel und sehen zu wenig. Immerhin: Wir haben eine Gesprächsreihe gestartet, die Menschen zusammenbringt – erst bei uns im Wohnzimmer, dann in einem Gastraum und schließlich in einem großen Saal.
Dass das auch auf YouTube schon einigermaßen funktioniert, haben wir Ingmar Beyer zu verdanken, der im Wortsinn für einen guten Ton sorgt, Dirk Wächter, der uns bei der Aufnahmetechnik beraten hat, und Kollegen, die für Starthilfe gesorgt haben. Milena Preradovic, Henning Rosenbuch, Paul Brandenburg und Paul Schreyer auf X und/oder Telegram, Multipolar über die Spalte „Empfehlungen“ und Apolut mit der Rubrik „Tipps“. Als die Abozahl über tausend lag, sind wir dann allein weitergegangen und hoffen jetzt, dass der Raum zu den vier Waldgesprächen im September voll wird. Jürgen Fliege, Joana Cotar, Gerd Reuther, Gabriele Gysi: Bessere Gäste kann man sich nicht wünschen.
Vielleicht steht ja dann auch schon das neue Layout, das uns nicht nur weiter in Richtung „Medium“ bringen soll, sondern auch eine neue Rubrik erlaubt – Lebensgeschichte(n). Keine Videos, sondern Text. Lassen sie sich überraschen, auch wenn die Erfahrung aus dem letzten Herbst sagt, dass das bis zum Schluss auch für uns spannend bleibt. Jetzt machen wir erstmal vier Wochen Pause und sind hoffentlich wieder da am 2. September.
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