Schickimicki, Säbel und YMCA. Die Milliardärsparty in Washington bot das erwartete Spektakel. Was bleibt nach dieser Trump-Show? Auf der einen Seite die Empörung über Hitlergrüße und Dekrete, die das Schlimmste erahnen lassen, auf der anderen Seite Freude über das Ende von vier Jahren woker Inkompetenz.
So weit der Grobschnitt. Wie mein Kollege Helge Buttkereit an dieser Stelle im November bereits anmerkte, berichten die alternativen Medien inzwischen breit aufgestellt über Großereignisse wie Landtagswahlen oder die US-Wahl im November. Auch zur Amtseinführung Trumps gab es einige Liveübertragungen, die sich in Qualität und Aufwand zum Teil stark unterschieden. Fest steht: Das Budget und die Professionalität der reichweitenstarken Oppositionsmedien steigen kontinuierlich. Das nimmt inzwischen Klickzahlen an, die an die Systemmedien nicht nur heranreichen, sondern diese zum Teil übertreffen. Als der Kontrafunk das Telefonat zwischen Alice Weidel und Elon Musk auf X live übertrug und simultan übersetze, klickten mehr als 750.000 Menschen, bei Compact waren es gar 1,6 Millionen. Das sind Zahlen, die nicht nur erstaunen, sondern eine neue Ära der alternativen Medien einläuten.
Fairerweise muss man erwähnen, dass der ÖRR und viele Privatsender die Berichterstattung über das Weidel-Musk-Gespräch schlicht verweigerten. ARD und ZDF beließen es bei armseligen Faktenchecks und „Einordnungen“. Das kommt den Oppositionsmedien natürlich zugute, da ihnen plötzlich ein Alleinstellungsmerkmal anheftet. Es erhöht allerdings die Gefahr, sich vor den Karren der AfD spannen zu lassen. Wenn Macht und Exklusivinterviews locken, ist das Geklüngel nicht weit.
Bei der aufwändigen und anspruchsvollen Simultanübersetzung des Weidel-Gesprächs machten Kontrafunk und Compact gemeinsame Sache. Compact ist eines der wichtigsten Sprachrohre der blauen Partei, Kontrafunk-Chef Burkhard Müller-Ullrich bekanntermaßen AfD-Mitglied. Der Standard „objektiver und neutraler Journalismus“ sollte nicht nur beim ÖRR Maßstab sein – und es sollte nicht nur beim ÖRR kritisiert werden, wenn er nicht erfüllt wird. Es weht also ein neuer Wind in den Oppositionsmedien. Von dem Kuchen, der einem jahrelang verwehrt wurde, will man jetzt etwas abhaben.
Nun also die Amtseinführung Trumps. Das nächste globale Großereignis, das nach Live-Berichterstattung schrie. Und viele waren zur Stelle. NuoViso bot mit einem Spezial von viereinhalb Stunden die längste Sendung an. Mit dem mir bisher unbekannten Schauspieler Bernhard Boneberg wollte Stimmung nicht wirklich aufkommen. Die Sendung wirkte fahrig, undynamisch und holprig. Sie warf auch die Frage auf, ob bei der Amtseinführung eines US-Präsidenten wirklich jedes Auto, jeder Kronleuchter, jedes Dekolleté kommentiert, ja analysiert werden muss.
Seinem Namen gerecht wurde das Compact-Magazin, das mit Jungreporter Paul Klemm und dem rund 40 Jahre älteren Journalisten und AfD-Politiker Armin-Paul Hampel ein interessantes Moderationsduo an den Start brachte und die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer mit zweieinhalb Stunden nicht überdehnte. Die Regie war angenehm und präsentierte die gesamte Amtseinführung erneut mit Simultanübersetzung wichtiger Stellen, dazwischen kommentierten Hampel und Klemm professionell und gut vorbereitet.
Für einen anderen Ansatz entschied sich der Kontrafunk, der es bei einer unkommentierten Simultanübersetzung von Trumps Antrittsrede beließ. Anschließend besprach Moderator Achim Winter das Gehörte mit Roger Letsch und Collin McMahon. Die Sendung überzeugte durch Fachkenntnis, Prägnanz und war technisch makellos – der Kontrafunk professionell wie gewohnt.
Eine besondere Erwähnung verdient abschließend auch die Inaugurations-Sendung von Apolut, die ebenfalls die Schallmauer von vier Stunden durchbrach, allerdings reich gefüllt war. Es moderierten die allseits beliebten Dirk Pohlmann und Jens Lehrich, Gäste waren unter anderem Ullrich Mies, Luder K., Michelle Gollan, Hermann Ploppa und Michael Meyen. Auf die Übertragung der Feierlichkeiten aus der US-Hauptstadt wurde bewusst verzichtet. Stattdessen trumpfte Apolut mit hochwertigen Korrespondenten und tieferen geopolitischen Analysen als die Konkurrenz auf. Das Konzept, auf Live-Bilder zu verzichten, wirkte im Laufe der Sendung überraschenderweise weniger als Makel denn als Vorteil, da sich der Zuschauer auf die Analysen der Gäste konzentrieren konnte.
Wenn auch nicht alles rund lief: Besser als die hohlen Phrasen des ARD-Brennpunkts zum Thema war die Berichterstattung der Oppositionsmedien allemal. Dort fuhr man zunächst mit einem Bericht aus Washington auf (inklusive Hillybilly-Texaner-Klischee), dann folgte die rührselige Geschichte einer illegalen Migrantin, die seit 30 Jahren in New York für Flüchtlinge kocht und brav Steuern zahlt. Auf diese Menschen hat es Trump jetzt abgesehen, so der Subtext. Auf X nennt man sowas „Geschichten aus dem Paulanergarten“.
Der Zuschauer, das merken die Staats- und Gatekeepermedien, hat inzwischen die Wahl. Der Wunsch, wahrhaftig informiert zu werden, führt viele immer öfter auf die sozialen Netzwerke, wo sie Gedanken und Meinungen vorfinden, die besser zur Realität passen. Solange die Oppositionsmedien noch professioneller werden und Liveberichte nicht mit Royal-Zeremonien oder Veranstaltungen vom roten Teppich verwechseln, geht das alles in die richtige Richtung.
Aron Morhoff studierte Medienethik und ist Absolvent der Freien Akademie für Medien & Journalismus. Frühere Stationen: RT Deutsch und Nuoviso. Heute: Stichpunkt Magazin, Manova, Milosz Matuschek und seine Liveshow "Addictive Programming".
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