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Oben & Unten | 21.05.2025
Die Rückkehr der Stasi
Unliebsame Bürger werden mit Zersetzungsmethoden behandelt, die an die DDR erinnern. Der Fall Clownswelt ist auch ein Fall „Zeit“ plus ZDF.
Text: Felix Feistel
 
 

„Willkommen im Mainstream“: Unter diesem Motto enthüllte der Moderator in seinem ZDF Magazin Royale am 9. Mai die Identität gleich mehrerer Personen, die auf Youtube Videos veröffentlichen, in denen sie ihre unliebsame, da vom Mainstream abweichende Meinung zum Ausdruck bringen. Darunter auch der bislang vollkommen anonym aufgetretene Youtuber Clownswelt. Jan Böhmermann stützte sich dabei auf einen Artikel, den Die Zeit am selben Tag veröffentlicht hatte. In diesem Text legt der Autor Christian Fuchs detailliert das Leben und den Werdegang von Clownswelt dar – die Ehre einer Verlinkung auf die Beiträge spare ich mir an dieser Stelle.

Böhmermann und Fuchs zerren Clownswelt aus der Anonymität, mit der er bislang seine Videos veröffentlicht hat, ins Rampenlicht – und das nicht ganz ohne Grund. Denn die Ansichten des Youtubers sind das, was im Mainstream vorschnell mit den Begriffen „Rechsextremismus“, „Faschismus“ oder, um Böhmermann zu zitieren: „Nazikacke“ betitelt wird. Auf dem Kanal von Clownswelt findet man hauptsächlich Auseinandersetzungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und Einwände zu Kriminalität und Migration. Sein größter „Fehler“ war vielleicht ein Interview mit einem AfD-Abgeordneten, in dem er sich selbst als „Vorfeld“ der Partei bezeichnet hat.

Dass Clownswelt dabei anonym bleiben will, ist keine große Überraschung. Denn die von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien vorangetriebene Spaltung, die jede abweichende Meinung dem Generalverdacht des „Rechtsextremismus“ unterstellt, wirkt nicht nur bis in das Privatleben hinein, wenn sich Familienangehörige und Freunde abwenden. Ebenso sind Diffamierungen und juristische Verfolgungen Andersdenkender seit dem Beginn der Coronadiktatur an der Tagesordnung. Aber auch pseudolinke Schlägertrupps fühlen sich mitunter ermuntert, ihre politischen Gegner mit physischer Gewalt anzugreifen – Stichwort Hammerbande.

Vor diesem Hintergrund stellt die Nennung von Namen, Wohnort, ehemaliger Universität und weiterer Details durch Böhmermann und Fuchs eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit des Betroffenen dar. Denn nun ist es ein Leichtes, die vollständige Identität des Mannes festzustellen, inklusive Adresse. Es handelt sich also um eine gezielte Einschüchterung, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Verbindung mit dem Konzernmedium Zeit gegenüber Andersdenkenden vornimmt. Dass es hier eine Zusammenarbeit gab, räumt Fuchs in einem Statement ein, in dem er sich von den Vorwürfen der „Stasi-Methoden“ distanziert, und auf das Clownswelt in einem umfassenden Statement zu der Angelegenheit eingeht. Auch die ZDF-Show kommentiert er.

Dabei erläutert er auch das Vorgehen der „Journalisten“, über das in Zeit und ZDF ebenfalls berichtet wird. Demnach haben sie nicht nur penetrant versucht, Kontakt zu Clownswelt aufzunehmen, ihn mehrfach angerufen, ihm Nachrichten per E-Mail und Messenger geschrieben, sondern auch sein Umfeld ausgehorcht. Familie, Freunde, ehemalige Freunde und Bekannte, sogar seine ehemalige Universität haben sie aufgesucht, sprachen mit Dozenten, berichten über Prüfungsergebnisse, das geplante Thema der Bachelor-Arbeit, die er dann nie abgegeben hat, sowie andere Details, die darauf hindeuten, dass die Universität hier vertrauliche Daten weitergegeben haben könnte. Das ganze Leben von Clownswelt wurde ausgeforscht, sogar sein Gymnasium erwähnt, Bandkollegen aufgesucht.

Dabei werden aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen des Mannes dramatisiert. Etwa die Meinung, dass Frauen die Möglichkeit haben sollten, frei zu wählen, ob sie sich um Familie und Heim kümmern wollen, anstatt dazu gezwungen zu sein, arbeiten zu gehen. Daraus wird auf groteske Art und Weise ein: „Er findet, Frauen gehören an den Herd.“ Eine Ansicht, die früher einmal in CDU-Kreisen vollkommen akzeptiert war.

So wird sein ganzes Leben in – wie er selbst kommentiert – verfälschter Art und Weise dargestellt, entweder, indem Ereignisse in ein falsches Licht gerückt oder Aussagen gar ganz erfunden werden. Nicht allein das Ausschnüffeln der persönlichsten Lebenssphäre, das von Zeit und ZDF ganz unverhohlen und minutiös beschrieben wird, erinnert dabei an die Stasi, sondern auch das zersetzende Eingreifen in das Leben, etwa wenn man sich empört an Youtube wendet und fragt, warum denn Inhalte wie die von Clownswelt monetarisiert werden. Steckt hier etwa die Absicht dahinter, eine Demonetarisierung zu erwirken? Die Antwort, dass die Inhalte den Community-Richtlinien nicht widersprechen und daher monetarisiert werden können, scheint insbesondere Böhmermann nicht gefallen zu haben.

Es geht bei der ganzen Angelegenheit nicht um einen einzelnen Youtuber, dessen Ansichten man teilen kann oder auch nicht. Vielmehr geht es um das enthemmte und zersetzende Ausspionieren jeder abweichenden Stimme durch einen staatlich finanzierten Sender in Zusammenarbeit mit einem Privatmedium, das hier als etwas vollkommen Normales, ja zur Rettung der Demokratie geradezu Erforderliches dargestellt wird. Die Stasi ist offenbar keine staatliche Behörde mehr, sondern ihre Arbeit wurde ausgelagert an als unabhängig bezeichnete Medien.

Der Effekt des Ganzen war übrigens eine Verdoppelung der Abonnentenzahl im Kanal „Clownswelt“ sowie das Einsammeln einer fünfstelligen Spendensumme für etwaige juristische Auseinandersetzungen. Der Streisand-Effekt lässt grüßen.

Felix Feistel veröffentlicht seit 2017 Texte über das aktuelle Zeitgeschehen bei Manova, Apolut, tkp & Multipolar. Mehr auch auf seinem Telegram-Kanal.

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Bildquellen: Jan Böhmermann 2014 in Rostock. Foto: Jonas Rogowski, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons