An Christi Himmelfahrt wird in Aachen traditionell der Internationale Karlspreis verliehen. Die Vergabepraxis rund um diesen Preis – 2025 erhielt ihn Ursula von der Leyen – führte 2023 zur Gründung eines Alternativpreises. Das Aachener Bündnis „Diplomatie statt Waffen und Sanktionen!“ ehrt mit der neu geschaffenen „Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit“ einen anderen Ansatz. Ebenfalls an Christi Himmelfahrt würdigte deshalb Ulrike Guérot in ihrer Laudatio auf den Ausnahmejournalisten Patrik Baab den alternativen Ansatz zur Karlspreisverleihung in Aachen. Guérot hob Baabs investigative Arbeit hervor und beleuchtete zugleich kritische Perspektiven zum russisch-ukrainischen Konflikt, zur sozialen Gerechtigkeit und zur Meinungsvielfalt. Mit seinen scharfsinnigen Analysen zu Mediensanktionen und geopolitischen Entwicklungen eröffnet der Journalist neue Blickwinkel, die für einen demokratischen Diskurs unverzichtbar sind.
Guérot betont, dass die Auszeichnung Baabs eine Reaktion auf die Ehrung von Ursula von der Leyen und Wolodymyr Selenskyj darstellt. Baabs journalistische Arbeit, so Guérot, hinterfragt die vorherrschenden Narrative und zeigt, wie wichtig unabhängige Stimmen für eine lebendige Debattenkultur sind.
Patrik Baab ist bekannt für seine unabhängige Berichterstattung über den russisch-ukrainischen Konflikt. Guérot hebt seinen unermüdlichen Einsatz hervor, oft ohne nennenswerte finanzielle Unterstützung. Baab stellt unbequeme Fragen zur europäischen Politik und Sanktionspraxis, besonders im Kontext der Ukraine-Berichterstattung. Sein Einsatz für neutrale und objektive Informationen gilt als Vorbild in einer Zeit, in der Meinungen zunehmend monopolisiert werden. Baab fungiere als „Suchmaschine in Persona“ für verlässliche Fakten und fundierte Analysen globaler Konflikte.
Seine Lebensgeschichte zeige, wie er trotz sozialer Hürden ein angesehener Journalist wurde. Der Kampf, den Arbeiterkinder wie Baab führen müssen, bleibt oft unerwähnt. Dank des durchlässigen Bildungssystems der 1970er Jahre konnte er sich zu einer kritischen Stimme entwickeln. Guérot betont, dass Menschen mit solchen Erfahrungen oft eine schärfere Sicht auf Gesellschaft und Medien haben. Baabs Werdegang verdeutliche, warum es nötig ist, soziale und berufliche Barrieren abzubauen, um eine vielfältigere Medienlandschaft zu schaffen.
Guérot spricht über die Herausforderungen, denen kritische Journalisten heute begegnen, besonders die „oligarchische Schließung“ der Meinungskorridore. Sie kritisiert, dass soziale Aufsteiger von unsichtbaren Gatekeepern ausgebremst werden, die bestimmen, wer Gehör findet. Ein Mangel an Perspektiven verengt die Debattenräume und stärkt regierungsfreundliche Narrative. Diese Entwicklung, so Guérot, gefährde die Demokratie, die auf kritische Analysen und offene Debatten angewiesen ist.
In seiner Rede bei der Preisverleihung beleuchtet Patrik Baab die Komplexität des russisch-ukrainischen Konflikts und kritisiert die einseitige Berichterstattung. Er hinterfragt die Motive und Hintergründe des Krieges, die in den Mainstream-Medien oft unerwähnt bleiben. Baab wirft europäischen Politikern vor, Friedensverhandlungen torpediert und so zur Eskalation beigetragen zu haben. Die einseitige Berichterstattung beeinflusse die öffentliche Meinung auf schockierende Weise. Baab fordert, geopolitische Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um fundierte Meinungen zu ermöglichen.
Baab kritisiert die EU scharf für Maßnahmen gegen Journalisten, die angeblich russische Propaganda verbreiten, und nennt Thomas Röper und Alina Lipp beim Namen – beide direkt von der EU sanktioniert. Er sieht darin einen Angriff auf die Pressefreiheit und warnt vor diktatorischen Tendenzen in der EU. Solche Sanktionen, so Baab, untergraben demokratische Prinzipien und schaffen gefährliche Präzedenzfälle. Er prangert die fehlende demokratische Kontrolle innerhalb der EU an, die ihre Macht nutzt, um unliebsame Stimmen zu unterdrücken. Diese Entwicklungen, so Baab, stehen im Widerspruch zu den Grundwerten, auf denen die EU gegründet wurde.
Die Kritik an Ursula von der Leyen und der EU-Politik zieht sich durch Baabs Rede. Er bemängelt, dass die EU-Kommission oft ohne Konsens Entscheidungen trifft, die der Demokratie schaden. Besonders kritisiert er ihre Rolle in der Wirtschaft und im Krieg, die zu gesellschaftlicher Spaltung führt. Baab wirft der EU vor, durch Sanktionen Energielieferungen zu manipulieren, um politische Ziele durchzusetzen. Diese Praktiken, so Baab, entfernen die EU von ihren demokratischen Grundsätzen.
Trotz der Risiken bleibt Baab seinen journalistischen Prinzipien treu. Er erinnert daran, dass Journalisten als Wächter der Demokratie die Wahrheit ans Licht bringen müssen, auch wenn sie unbequem ist. Indem er beide Seiten eines Konflikts beleuchtet, steht Baab für einen Journalismus, der immer seltener wird. Seine Arbeit zeigt, wie wichtig unabhängige Medien für Demokratie und Meinungsbildung sind. Baabs Standhaftigkeit inspiriert andere, trotz Druck von oben objektiv und ehrlich zu berichten.
Baab betont die Rolle des Journalismus als Kontrollinstanz, die Macht hinterfragt und Verantwortliche zur Rechenschaft zieht. Er fordert unvoreingenommene Berichterstattung, damit Menschen fundierte Entscheidungen treffen können. Journalisten brauchen Mut und Verantwortungsbewusstsein, um eine neue Generation zu inspirieren, die Offenheit und Transparenz schätzt und das Vertrauen in die Medien stärkt.
Baabs Arbeit zeigt, dass die Wahrheit oft einen hohen Preis hat. Er spricht unbequeme Wahrheiten aus und bleibt standhaft in Zeiten von Propaganda und Zensur. Sein Engagement verdeutlicht, wie wichtig kritisches Denken und offene Debatten für eine funktionierende Demokratie sind. Baab nimmt die Auszeichnung an seinem 65. Geburtstag unter dem Applaus von über 300 Unterstützern entgegen, die für eine offene Gesellschaft eintreten. Er reiht sich ein in die Riege von Preisträgern wie Daniele Ganser und Eugen Drewermann.
Der Internationale Karlspreis zu Aachen, erstmals 1950 verliehen, ehrt im Übrigen Persönlichkeiten, die sich um Europa verdient gemacht haben. Ursula von der Leyen wurde für ihre Verdienste um die Einheit der EU, die Pandemiebekämpfung, den Verteidigungswillen gegen Russland und den Green Deal ausgezeichnet. Wolodymyr Selenskyj erhielt 2023 diesen Preis.
Der Internationale Karlspreis ist mit einer Million Euro dotiert, die Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit beehrt den Preisträger mit einer Zehn-Euro-Münze aus Silber, die mit einem Zitat der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner geprägt ist: „Die Waffen nieder.“ Das Zitat stammt aus dem Jahr 1889. Nicht nur in dieser Hinsicht könnte zwischen den Preisträgern der Kontrast nicht größer sein.
Die Rede Patrik Baabs zum Nachlesen auf Manova
Anne Krämer und Bastian A. Werner haben im März 2025 am Kompaktkurs Journalismus an der Freien Akademie für Medien & Journalismus teilgenommen.
Berichte, Interviews, Analysen
Freie Akademie für Medien & Journalismus