Neulich war ich einkaufen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Immerhin muss man sich mit den grundlegenden Dingen des Lebens versorgen und daher ab und zu einen Fuß in den Supermarkt setzen. Ungewöhnlich war an sich auch nicht das Gespräch, das sich an der Kasse zwischen dem älteren Herrn vor mir und dem jungen Kassierer entspann. Es war Mitte August. Die Temperaturen stiegen nach einem eher kalten und nassen Juli erstmals wieder an und rangierten am Vormittag um die 25 Grad Celsius. Gerade, als der Kassierer dem Mann vor mir einen schönen Tag wünschte und ihn damit verabschiedete, antwortete dieser:
Schön kühl haben Sie es hier drin.
Der Kassierer verwies auf die Klimaanlage und zeigte sich dankbar für diese. Der ältere Herr antwortete:
Ich muss jetzt wieder hinaus in die Hitze.
Mit diesen Worten verabschiedete er sich. Was mich über dieses Gespräch länger nachdenken ließ, war nicht, dass es so ungewöhnlich gewesen wäre. Im Gegenteil, es war die absolute Gewöhnlichkeit, die Allgegenwart von derlei Konversationen, die mich befremdete.
Denn dieses Gespräch spielte sich in einer Zeit ab, da medial mal wieder die Panik vor dem Klimawandel angeheizt (Wortwitz nicht intendiert) wurde. Gerade war der Juli zum wärmsten seit Menschengedenken erklärt worden – und das, obwohl er mit milden bis kühlen Temperaturen und anhaltendem Regen eigentlich vollkommen unverdächtig dahergekommen war, in irgendeiner Weise übermäßig heiß gewesen zu sein. Nun stand angeblich eine Hitzewelle vor der Tür. Das verleitete die Menschen offenbar dazu, Wetterverhältnisse, über die man sich früher als Rückkehr des Sommers nach einer verregneten und kühlen Zeit gefreut hätte, als Ausdruck des menschengemachten Klimawandels und damit als Bedrohung zu empfinden.
Und an diesem Umstand ändert auch die Tatsache nichts, dass Temperaturen über 30 Grad im Juli und August zumindest mein ganzes Leben lang vollkommen normal waren und viele Deutsche im Sommer nach Südfrankreich, Italien, Mallorca oder Griechenland fahren, um exakt so etwas zu erleben. Auch der spät einsetzende, dann sehr milde Frühling und die langen Perioden ungewöhnlich kühler Temperaturen, etwa in Mai und Juli, sowie der damit verbundene Regen scheinen an dieser Empfindung nicht zu rütteln. Obwohl der Sommer 2025 der erste seit 2022 war, in dem die Temperaturen zumindest in meiner Region mal wieder über 30 Grad geklettert sind, wird dieses Wetter als Ausdruck eines bedrohlichen Klimawandels gewertet und erscheint in der individuellen Wahrnehmung der Menschen damit gleichzeitig als viel heißer, als es tatsächlich war. Denn immerhin sind Temperaturen um die 25 Grad weder übermäßig heiß noch für den Hochsommer in Deutschland ungewöhnlich.
Das mediale Erleben – nämlich die scheinbar sich erhitzende Erde, die eine Bedrohung für die gesamte Menschheit darstellt und in jedem normalen Sommerwetter gesehen wird – ersetzt also offenbar das tatsächliche Erleben oder ordnet dieses zumindest in einen neuen Kontext ein, sodass sich die physische und psychische Wahrnehmung der Menschen tatsächlich verändert. So belegt ein alltägliches Gespräch über das Wetter eindrücklich, wie wirksam die Propaganda – nach Hannah Arendt müsste man von Indoktrination sprechen – die Menschen von innen heraus erfasst und beherrscht – genau so, wie Hannah Arendt es für das totalitäre Regime dargelegt hat. Die Propaganda verändert die individuelle Wahrnehmung im Sinne des herrschenden Narratives und formt auf diese Weise auch den Menschen an sich im Sinne der Herrschaftsinteressen um.
Das macht den auf solche Art und Weise indoktrinierten Menschen zu einem perfekten Untertanen, der die auf ihn ausgeübte Herrschaft gar nicht als solche wahrnimmt, weil er sie als Ausdruck seines eigenen Willens erlebt – ein Wille, der ihm aber zuvor auf subtile Art und Weise eingepflanzt wurde. Und das ist wohl die perfideste Art und Weise, Macht auszuüben und Menschen zu steuern. Oder, wie es Goethe ausdrückte:
Niemand ist mehr Sklave, als der sich für frei hält, ohne es zu sein.
Felix Feistel veröffentlicht seit 2017 Texte über das aktuelle Zeitgeschehen bei Manova, Apolut, tkp & Multipolar. Mehr auch auf seinem Telegram-Kanal.
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