Derzeit findet eine Kampagne gegen die Gründung einer neuen AfD-Jugend statt, die sich Junge Patrioten nennen wollen. Die alte AfD-Jugend hatte sich auflösen müssen, nachdem sich die Partei zunächst von ihr losgesagt hatte. Nun also soll es einen neuen Anlauf geben und sich eine neue Jugend gründen. Eine Parteijugend, wie sie jede Partei hat. Der Widerstand dagegen wird vor allem von dem organisiert, was sich „links“ nennt oder als „Antifa“ bezeichnet. Geplant ist eine große Gegendemonstration, um die Gründung der Jungen Patrioten zu verhindern.
Die Mobilisierung findet unter dem Motto „Widersetzen“ statt. Sticker mit diesem Wort verunzieren das städtische Interieur. Zwecks Mobilisierung und anlässlich der „Stadtbild“-Debatte fand vor einigen Tagen eine Demonstration in meiner Stadt statt, bei der man sich auch lautstark für ein AfD- Verbot einsetzte. Petitionen wurden zur Unterschrift bereitgelegt, und anschließend zog man in einem überaus kurzen und beeindruckend unspektakulären Demonstrationszug durch die Stadt. Es wurden Schilder getragen, auf denen für „Vielfalt und Toleranz“ geworben wurde.
Das ist ein interessanter Slogan, wenn man für ein Verbot der AfD auf die Straße geht. Denn gehört zu Vielfalt und Toleranz nicht auch das Meinungsspektrum, das man eher ablehnt? Es ist leicht, „tolerant“ gegenüber jenen zu sein, deren Ansichten man selbst vertritt. Eigentlich beginnt Toleranz erst dort, wo die Differenzen beginnen. Toleranz kann sich nicht auf das Eigene beziehen. Doch seltsamerweise ist es mit der Toleranz der Prediger von Toleranz genau an der Stelle vorbei, an der sich die ersten Differenzen auftun. Auch Vielfalt endet, wo die Differenz beginnt.
Die gepredigte Vielfalt ist eine bunte Eintönigkeit, die den Regenbogen zur gesamtgesellschaftlichen Norm machen und alle Menschen unter diesem vereinheitlichen will. Es ist ein Form von Faschismus, der unter dem Schlagwort der Vielfalt daherkommt, jedoch jede echte Vielfalt bekämpfen, jede Differenz verbieten will. Ironischerweise stehen die solchermaßen „Kämpfenden“ – ob sie wollen oder nicht – dabei stramm vor der herrschenden Macht, die ein Interesse an der Spaltung der Gesellschaft und der Beschäftigung der Menschen mit solchen banalen Themen wie der „Stadtbild“-Diskussion hat. Denn solange die Menschen auf der Straße gegeneinander kämpfen, schauen sie nicht nach oben, an die Spitze der Macht. Als Schlagwort kennt man die Teile-und-herrsche-Strategie der Mächtigen, wirft sie aber jenen vor, die man gerade selbst aktiv bekämpft, ohne zu verstehen, dass man gerade selbst Teil dieser Strategie ist. So bekämpfen die Pseudolinken die einzige Partei, die noch Opposition simuliert, und greifen dabei den regierenden Parteien hilfreich unter die Arme.
Denn auf diese Weise wird die Akzeptanz eines Verbotes der Opposition gesteigert – was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dieses tatsächlich durchzusetzen. Insbesondere, seit in das Bundesverfassungsgericht Richterinnen gehievt wurden, die ohnehin für dieses Verbot plädieren. Das Motto „Widersetzen“ suggeriert eine oppositionelle Haltung gegenüber einen mächtigen Staat. Tatsächlich ist die Antifa längst zur Schlägertruppe der herrschenden Macht verkommen – ohne es selbst zu merken. Sie stehen auf gegen die Opposition, gegen diejenigen, die dem Regenbogen-Einheitsbrei noch etwas entgegensetzen und sich für eine Kurskorrektur in vielen Belangen einzusetzen vorgeben. Unterstützt werden sie von prominenten Stimmen aus den Parteien – man denke nur an die Proteste „gegen rechts“ im vergangenen Jahr, als die vermeintliche Opposition hinter Politikern der Ampelregierung herdackelte, sich aber für den Widerstand hielten.
So wähnt sich eine Gruppe elitärer Spießer, die sich selbst in einer akademischen Blase von der Wirklichkeit abgeschottet hat und ganz in den staatlichen Institutionen aufgeht, als Widerstand gegen eine vermeintliche Gefahr, die von jenen ausgeht, die in diesem Land noch überhaupt keine Macht besitzen.
Auf die Straße gehen und widersetzen? Lieber den Mund halten und wieder setzen.
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