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Bericht | 11.04.2024
Nicht viel Neues beim MDR
Der Rundfunkrat sagt noch immer nichts zur Umschau-Sendung vom 12. Dezember 2023, reagiert aber auf unseren Bericht und ändert ein paar Abläufe.
Text: Beate Strehlitz und Dieter Korbely
 
 

MDR-Rundfunkrat, Sitzung 219, 11. März 2024. Nummer 218 hatten wir besucht, um zu sehen, wie das Aufsichtsgremium mit den Beschwerden zur Mediathek-Entfernung eines Umschau-Beitrags umgeht, der am 12. Dezember 2023 über DNA-Verunreinigungen in Corona-Impfstoffen berichtet hatte. Der Programmausschuss Leipzig hatte sich damals noch nicht damit befasst, für die März-Sitzung aber eine Stellungnahme angekündigt. Daraus wurde nichts. Auf Nachfrage wurde uns mitgeteilt, dass rund 80 Programmbeschwerden eingegangen sind und nun erst einmal sortiert werden müssten.

Trotzdem scheint unser Bericht etwas bewirkt zu haben. Das begann schon bei der Aufsicht. Nur ein Mann vom Wachschutz und niemand mit Knopf im Ohr. Auch das Abstimmungsprozedere war diesmal anders. Es kam nicht mehr zu fragwürdigen Auszählungen mit fehlerhaften Stimm-Bilanzen. Und: Als gegen Ende um 14:30 Uhr fast die Hälfte der Rundfunkräte die Sitzung vorzeitig verlassen hatte und die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben war, wies Sandro Witt auf den schlechten Eindruck hin, den dies auf die Besucher macht. In der Tat! Ab 13:09 Uhr, als der Migrationsbeauftragte den Raum verließ, wurden wir Zeugen, wie wenig ernst die Aufgabe von einem Teil der Rundfunkräte genommen wird. Da wird klar, warum kein Livestream gewünscht ist. Bürger und Beitragszahler sollen das nicht sehen. Es scheint also unsere Aufgabe zu sein, die Rundfunkräte im Blick zu behalten und im Interesse der Beitragszahler zu berichten. Wir nehmen dabei nur die Punkte auf, die uns wichtig erscheinen. Einen Ablaufbericht gibt es beim Flurfunk. Im nicht-öffentlichen Teil wurden der neue Rundfunkratsvorsitzende (Michael Ziche) und die Direktorin des Landesfunkhaus Thüringen (Astrid Plenk) gewählt.

Berichte: Intendant, Rundfunkratsvorsitzender, Verwaltungsdirektorin

Bei Dietrich Bauer, Vorgänger von Michael Ziche, gab es zwei bemerkenswerte Punkte. Er stellte sich mit Blick auf die RBB-Affäre die Frage, ob der MDR-Rundfunkrat seine Aufgabe erfülle. Antwort: natürlich. Bauer glaubt, dass der Rundfunkrat bewegen und gestalten kann. Schließlich könnten die Räte Tagesordnungspunkte einbringen. Außerdem hat er Weiterbildungsangebote zu Qualitätsrichtlinien und Compliance angekündigt. Auf welcher Wissens-Basis arbeiten die Rundfunkräte eigentlich bisher? Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich in den Sitzungen immer nur einige wenige und meist die gleichen zu Wort melden. Bei ihnen erkennt man Kompetenz, die sie sich erarbeitet haben, über die aber alle verfügen müssten, die dort sitzen.

Intendant Ralf Ludwig ging zunächst auf den 24. KEF-Bericht ein (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten). Vorschlag dort: Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025 auf 18,94 Euro. Jeden Monat 58 Cent mehr als bisher. Vom angemeldeten Finanzbedarf der Rundfunkanstalten wurden zwei Drittel gekürzt. Ludwig sagt: Auch wenn die Beitragserhöhung kommt, muss der MDR 40 Millionen einsparen. Beim Bericht der Verwaltungsdirektorin erfuhr der Zuhörer dann, dass die KEF das MDR-Projekt „Digitale Erneuerung“ nicht akzeptiert hat. In der Pressemitteilung der KEF liest sich das anders. KEF-Chef Martin Detzel betont dort, dass die Transformation von der analogen in die digitale Medienwelt ein fortlaufender Prozess ist, der aus dem Bestand zu finanzieren sei. Der Aufbau von Doppelstrukturen solle dabei durch Abstimmungen zwischen den Anstalten vermieden werden. Intendant Ludwig sagt, dass es nun keine MDR-Medienplattform geben und man sich stattdessen auf den Aufbau einer gemeinsamen Mediathek von ARD und ZDF konzentrieren werde. Die KEF erwartet darüber hinaus Einsparungen beim Flächen- und Immobilienmanagement. Die Umsetzung der KEF-Empfehlung durch die Länder fehlt noch. Auf Nachfrage bestätigte Intendant Ludwig, dass der MDR vor das Bundesverfassungsgericht gehen könnte.

In seinem Bericht präsentierte er dann Umfrageergebnisse von MDR Check. Vertrauen in den MDR: 74 Prozent. Empfehlungsbereitschaft: 67 Prozent. Relevanz, Aktualität und Sachlichkeit des Programms: jeweils 80 Prozent. Allerdings fiel nicht nur einer Rundfunkrätin auf, dass diese Ergebnis dem Sachsen-Monitor von 2023 widersprechen. Dort sank die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender von 63 auf 51 Prozent. Wir haben uns beim MDR-Gremienbüro erkundigt. Antwort von Referent Gregor Klaudius: „Es handelt sich bei MDR Check 2023 um eine interne repräsentative Umfrage, die der MDR nicht veröffentlicht.“ Der Sachsen-Monitor ist repräsentativ und wurde von der Sächsischen Staatskanzlei in Auftrag gegeben, umgesetzt von Infratest dimap. Wie glaubwürdig kann eine interne, angeblich repräsentative, nicht veröffentlichte Umfrage sein? Traut man den Meinungsforschungsinstituten nicht mehr? Oder soll hier Propaganda betrieben werden?

Weitere Berichte

Die Berichte aus den Landesgruppen und den Ausschüssen liegen den Ratsmitgliedern schriftlich vor und werden in den Sitzungen nur auszugsweise präsentiert. Vieles ist deshalb für Zuschauer schwer nachvollziehbar. Zumindest wurde klar, dass die Programmbeschwerden zum Umschau-Bericht über DNA-Verunreinigungen in mRNA-Präparaten nicht im Programmausschuss Leipzig behandelt worden sind. Die Landesgruppe Sachsen-Anhalt berichtete von einer Blockade des Funkhauses Magdeburg am 14. Februar. Es soll sich um SUVs in der Zufahrt gehandelt haben. Um 21:30 Uhr hätten 15 unzufriedene Bürger unter anderem die Beantwortung von Programmbeschwerden gefordert. Die Polizei war mit sechs Mannschaftswagen vor Ort und hätte die Blockade bis 23:15 Uhr „erlaubt“. Alles sei friedlich abgelaufen, und man habe mit den Demonstranten geredet. Um 23:30 Uhr hätten die Mitarbeiter das Haus unter Polizeischutz verlassen. Es werde keine Anklage wegen Hausfriedensbruch erhoben. Ein Rundfunkrat bemängelte die schlechte Berichterstattung.

„ARD-Reformagenda“

Wie schon in der letzten Sitzung wird es lebhaft, als Einsparungen und Einschnitte diskutiert werden. Es geht wieder um die Hörfunkprogramme in den Bereichen Information, Klassik und Kultur, die täglich ab 20 Uhr nicht mehr regional, sondern als gemeinsames ARD-Abendprogramm gesendet werden sollen. Es gibt viele Wortmeldungen und viel Kritik am Intendanten. Der Rundfunkrat möchte in solche Entscheidungen eingebunden werden. Mehrere Mitglieder sehen hier eine falsche Entwicklung – den Anfang von Zentralisierung und eine Entfernung vom regionalen Auftrag. Es wird gefragt, ob solche Pool-Lösungen überhaupt möglich seien, denn laut Medienstaatsvertrag hat die ARD kein gesamtdeutsches Radioprogramm. Weiter wird befürchtet, dass ostdeutsche Belange noch mehr ins Hintertreffen geraten. Die Zentralisierung beschneide außerdem die Funktion des Rundfunkrats. Intendant Ludwig sieht hingegen eher Chancen als Risiken. Der MDR würde sich mit zwölf Dialog-Abenden pro Jahr in das Abendprogramm einbringen. Er könne sich nicht vorstellen, als einziger Sender nicht mitzumachen, denn die Zukunft des MDR gebe es nur in und mit der ARD. Schließlich verspricht er eine Evaluierung in einem Jahr, im Sommer 2025. Bei Unzufriedenheit könne man die Dinge wieder zurücknehmen. Daran zweifeln einige Mitglieder. Was einmal geändert worden sei, bleibe nach aller Erfahrung bestehen. Zum Schluss geht es dann um Auftragsproduktionen. Dieses Thema liegt dem Intendanten offenbar besonders am Herzen. Er möchte bis zu 70 Prozent an heimische Unternehmen vergeben. Das trifft auf breite Zustimmung.

Werden wir die nächste Sitzung am 6. Mai wieder besuchen? Wahrscheinlich. Denn wir wollen endlich wissen, wie auf die über 80 Programmbeschwerden zum Umschau-Beitrag reagiert wird. Und seit der Veröffentlichung des „Manifests für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, zu dessen Erstunterzeichnern wir gehören, wollen wir natürlich beobachten, wie der MDR-Rundfunkrat sowie der Intendant zu der Kritik stehen, die auch aus dem eigenen Haus kommt.

Bildquellen: Marcel Kaya, @Pixabay