0df4c6578a6193aa3a0b5716ceb5bd85
Rezension | 28.02.2024
Long Covid – Post Vac
Corona ist kein Thema mehr, und die Folgen der amtlichen Therapie sind nie eins geworden. Was die Kritiker längst wissen, blenden die Leitmedien einfach aus. Kabarett-Star Christine Prayon setzt ein Buch gegen das Schweigen.
Text: Michael Meyen
 
 

Diese Frau braucht nicht viel, um Wind zu machen. Im Sommer 2023 hat ein Interview, veröffentlicht in einer kleinen Wochenzeitung, für einen Mediensturm gereicht. Birte Schneider spielt nicht mehr mit. Schluss mit der heute-show, nach über zehn Jahren. Erst Corona und dann die Ukraine. Ein Unding, „Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben“. Böhmermann, Die Anstalt. Und: „Satire darf sich nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen.“

Jetzt ist das Buch da, um das es in diesem Interview schon ging. „Ich kann nur satirisch und Kunst“, hat Christine Prayon damals gesagt. Und ob sie das kann. Sachbücher sind genug geschrieben, so wunderbare wie das von Michael Nehls zum Beispiel, der mit Orwell und Huxley spielt, aber trotzdem entschieden hat, „Das indoktrinierte Gehirn“ nicht als Roman anzulegen, weil „die Zeit der subtilen Gleichnisse“ vorbei sei und es jetzt auf Nüchternheit ankomme.

Christine Prayon sagt wieder nein. Ich weiß gar nicht, wie ich dieses Buch beschreiben soll. Eine Achterbahnfahrt durch die Welt der Kultur, der Verlage und der Redaktionen, die jedem der großen Deuter erlauben dürfte, sich im Spiegel von Prayons Text zu erkennen. Nach dem Kotzen, versteht sich.

„Abwesenheitsnotiz“ steht auf dem Cover. Darunter: „Long Covid, Short Story“. Schlägt man das Buch auf, finden sich E-Mails, handschriftliche Kommentare, Kapitelentwürfe. Durchgestrichen, neu geschrieben, unterbrochen von Scarlett Schlötzmann, einer Bühnenfigur. Christine Prayon sucht nach einer Form, in der sie ihr Ringen um die Impfentscheidung im Herbst 2021 verarbeiten kann und das, was seitdem mit ihr und ihrem Körper passiert. Sie haut nicht drauf. Das kann sie weder als Künstlerin noch als Sprachakrobatin und schon gar nicht als Alleinverdienerin mit Kind und Kegel. Entstanden ist ein Dokument, das das Zeug hat, die Zeiten zu überdauern. Wer wissen will, wie dieses Land 2024 aussieht, der findet bei Christine Prayon eine Antwort.

Bildbeschreibung

Dieser Text erscheint am 2. März in Nr. 165 der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand.

Bildquellen: Westend, Engin Akyurt @Pixabay