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Medien-Tresen | 17.10.2025
Im Zwist mit dem ÖRR
Der Medien-Podcast „Sachlich Richtig“ widmet sich der Firma Media Tenor und damit auch den Analysen, die jetzt auf den Rundfunk zukommen.
Text: Brit Gdanietz
 
 

Roland Schatz zu Gast bei Annekatrin Mücke und Alexander Teske. Das heißt auch: Es geht um Forschung und um Daten. Es geht um das Vertrauen in staatliche Institutionen und in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es geht um Medieninhalte. Der Name Roland Schatz steht seit den 1980ern für Medienbeobachtung mit wissenschaftlichen Verfahren – und für Kontroversen.

Bei Mücke und Teske erzählt Schatz, wie ARD und ZDF seit vielen Jahren behaupten, seine Daten wären nicht valide, die Methodik undurchsichtig. Natürlich immer nur dann, wenn seine Analysen den Sendern nicht in den Kram passten, weil sie Unangenehmes zum Vorschein brachten. Wir erfahren, dass sich seine Firma Media Tenor durch Qualitätsanspruch und Leistung auch international profilieren und am Markt behaupten kann. Ein bisschen Werbung muss sein.

Alexander Teske will wissen, was an den Vorwürfen rund um Umfirmierungen, Insolvenzen und mangelnde Seriosität dran ist. Schatz sagt, es sei immer gut, sich die Zusammenhänge genau anzusehen, und beschreibt die Folgen der negativen Berichterstattung für seine Arbeit. Wenn Medien verbreiten, sein Institut sei nicht seriös, würden Geschäftspartner überlegen, ob sie mit so einem Partner zusammenarbeiten.

Unbeliebte Daten und Behinderung durch den ÖRR

Es folgt ein Beispiel aus grauer Vorzeit. Schatz erzählt, dass sein Institut ursprünglich Media Monitor hieß. Ein gleichnamiges Forschungsinstitut aus den USA hatte ihm das Recht erteilt, diesen Namen zu verwenden. Da allerdings von ARD-Seite die Begeisterung über seine Arbeit nicht besonders groß war, gab es vom WDR eine Klage gegen das Wort „Monitor“ im Firmennamen. Begründung: Verwechslungsgefahr mit der gleichnamigen TV-Sendung. Zudem würde Media Monitor die wirtschaftliche Existenz des WDR gefährden. Das mutet einigermaßen absurd an, denn das Unternehmen von Roland Schatz war zu diesem Zeitpunkt ein gemeinnütziger Verein mit etwa 20 zahlenden Abonnenten, der alle 14 Tage eine 16seitige Informationsschrift verfasste.

Der Streitwert der Klage betrug 500.000 Mark. Eine riesige Summe. Das Vorhaben, die Arbeit von Media Monitor über hohe Anwaltskosten zu behindern, war geglückt. Roland Schatz und sein Team entschlossen sich, den Firmennamen zu ändern. Media Tenor. Aber wie es mit Informationen so ist: Wenn sie einmal in der Welt sind, ist es schwer, sie wieder richtigzustellen. Wikipedia belegt das eindrücklich. Roland Schatz beklagt, dass nicht ersichtlich sei, wer die Beiträge dort eigentlich verfasst. Gerichtsurteile, die für die Firma sprachen, wurden als Werbung abgelehnt. Schatz sagt: Was bei Wikipedia über ihn und seine Firma steht, habe mit der Realität herzlich wenig zu tun.

Und die Öffentlich-Rechtlichen? Im Podcast geht es auch um Doppelmoral. Wenn Media Tenor Preise vergab und ARD und ZDF zu den Gewinnern gehörten, habe es keinen Streit gegeben. Bei schlechteren Ergebnissen allerdings – nun ja. Zweifel an Methoden und Transparenz. Beispiel Zitate-Rankings: Trotz der Budgets, die den Redaktionen zur Verfügung stehen, kommen sie oft nicht einmal unter die Top 10, wenn es um Sachthemen geht. Das gefällt den Sendern selbstverständlich nicht. Roland Schatz sieht hier eine Ursache für die regelmäßigen Angriffe des ÖRR auf sein Unternehmen. „Kill the messenger“: Wer die schlechte Botschaft überbringt, muss entfernt werden. Dann werden

Behauptungen abgelassen, unsere Daten sind nicht korrekt oder wir manipulieren, anstatt sich einfach dem normalen Wettbewerb zu stellen.

Mein Fazit: Das Gespräch zeigt, wie sich ARD und ZDF seit Jahrzehnten über alles hinwegsetzen, was sich der Gesetzgeber gedacht hat und dafür von niemandem zur Rechenschaft gezogen werden. Kommt es dann doch einmal zu einer Klage, können die Sender in die Tasche der Gebührenzahler greifen – wie jüngst beim RBB. Die Arbeiten von Media Tenor scheinen den ÖRR unter Druck zu setzen, weil sie den Finger in die Wunde legen. Wenig überraschend also, dass die Anstalten an den Daten wenig Freude haben.

Rundfunkbeitrag und neues Gerichtsurteil

Schatz fasst zusammen: ARD, ZDF und Deutschlandfunk scheuen „wie der Teufel das Weihwasser“ jede Bilanz, ob der ÖRR seinem Auftrag gerecht wird. Vor diesem Hintergrund sei es längst überfällig gewesen, dass sich gerade das Bundesverwaltungsgericht mit dem Rundfunkbeitrag befasst hat. Wir haben hier sowohl über die mündliche Verhandlung als auch über das Urteil berichtet und das auch in einem Video kommentiert.

Der Link zu Roland Schatz und zu seinem Institut liegt auf der Hand: In Zukunft können und müssen die zuständigen Verwaltungsgerichte prüfen, ob der ÖRR seinem Sendeauftrag gerecht wird. Wer seinen Gebührenbescheid anfechten will, soll über einen Zeitraum von zwei Jahren „hinreichende Anhaltspunkte für evidente und regelmäßige Defizite“ im Programm nachweisen – „in aller Regel durch wissenschaftliche Gutachten unterlegt“. Es sind also empirische Daten gefragt. Daten, die die Einseitigkeit der Programme und die Verletzung journalistischer Standards belegen. Roland Schatz. Ob seine Analysemethoden anerkannt werden, bleibt genauso abzuwarten wie die Benennung von Gutachtern durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Auf jeden Fall ist der ÖRR nun gezwungen, sich mit der Thematik zu befassen. Ein Aspekt, den er seit vielen Jahren erfolgreich verdrängt hat. Das Gericht muss nun klären, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag erfüllt. In der Vergangenheit wurde das in über 300 ähnlichen Fällen einfach abgelehnt. Schon hierfür ist das Urteil wichtig und wegweisend.

Brit Gdanietz ist Schauspielerin und Sprecherin und hat am Kompaktkurs Journalismus an der Freien Akademie für Medien & Journalismus teilgenommen.

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Bildquellen: Roland Schatz. Screenshot aus dem Odcast "Sachlich Richtig" vom 27. September.