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Bericht | 31.03.2024
Der Protest wird sesshaft
Von der Straße in den Bildungskeller: Unweit des Hambacher Schlosses treibt die Kritik an der Coronapolitik eine schöne Blüte.
Text: Ulrich Gausmann
 
 

Neustadt an der Weinstraße hat einen neuen Veranstaltungsort – die Demokratische Tribüne. Die Initiative ging von mehreren Aktiven aus, die sich durch die Kritik an den Corona-Maßnahmen fanden. Bei Montagsspaziergängen oder bei den Aufzügen zum Hambacher Schloss lernte man sich kennen. „Die Vernetzung hat funktioniert“, sagt Jeremy Schaarschmidt, der erst seit 2004 in Herxheim wohnt und zum Gründerteam gehört. Und Karl Friedrich Rothe, Architekt aus Neustadt, der den Kontakt zum Vermieter herstellte: „Das neue Zentrum soll eine Schnittstelle zwischen Menschen und eine Art Basis sein.“

Organisiert ist man in einem Verein. Das bedeutet, dass Besucher durch ihren Eintritt für einen Abend Vereinsmitglied werden. Mit dem Nachhauseweg endet die Mitgliedschaft. Damit vermeidet der Verein Verwaltungsaufwand.

In einem Kellergewölbe in der Maximilianstraße 5 befinden sich ein großer Raum mit Bühne und Technik, eine großzügige Theke und Nebenräume, unter anderem eine komplette Küche. In wochenlanger Handarbeit wurde alles renoviert und modernisiert. So gibt es nun ausreichende Beleuchtung sowie natürlich Speis und Trank. Alles wird gegen Spenden abgegeben. An der Bühne hängt eine Fahne, deren Aufschrift als Motto gelten kann: „Einig und frei“. Damit wird der Bezug zum Hambacher Fest 1832 hergestellt, als etwa 30.000 Demokraten zum Schloss zogen, um für nationale Einigkeit und Freiheit zu demonstrieren. Zu Fuß ist es vom Demokratiekeller gut eine Stunde, bis man oben ist.

Im Angebot der Demokratischen Tribüne: Theater, Musik und politische Vorträge. Auf Parteien ist man hier nicht festgelegt, sondern orientiert sich an dem historischen Vorbild. „Friede und Freiheit“ ist der Wahlspruch vom Peter, ebenfalls Mann der ersten Stunde. Politische Bildung, Aufklärung und Kultur stehen im Mittelpunkt. Es gab eine Veranstaltung zu Artikel 146 des Grundgesetzes. Berliner Schauspieler gestalteten einen Abend mit Texten von Georg Herwegh, Dichter des Vormärz, eingebettet in die Geschichte. Dem folgte eine Buchvorstellung zum Thema „Wirtschaft und Finanzen neu gedacht – Revolution der Menschlichkeit“. Das Programm gibt Gelegenheit zum Austausch und zur Zusammenarbeit, aber auch zur Hilfe, wo notwendig.

Nächster Höhepunkt, wie sollte es in Rufweite des Hambacher Schlosses anders sein: das Pfingstwochenende. Am 18. Mai kommt Jens Fischer Rodrian mit seinem Soloprogramm.

Der Text entstand im Rahmen eines Kurses zum Thema „Bericht“ an der Freien Akademie für Medien & Journalismus. Ulrich Gausmann ist Autor des erwähnten Buchs.

Bildquellen: Hambacher Schloss, Th G auf Pixabay